Aufbau eines Blended Learning Programms für Biotechnologie in Ruanda

Weiterqualifizierungsprogramm BioMex in Kooperation mit der Hochschule Koblenz in Deutschland, der Hochschule INES und Universität in Ruanda und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Biotechnologie ist ein Bereich, auf den sich Ruanda in den letzten Jahren spezialisiert und bereits bedeutende Fortschritte erzielt hat. In jüngster Vergangenheit wurden mehrere Projekte und Initiativen gestartet, zum vermehrten Einsatz biotechnologischer Anwendungen in der Landwirtschaft und im Gesundheitswesen. Erklärtes Ziel Ruandas ist es, sich zu einem afrikanischen Zentrum für Biotechnologie und Pharmazie zu entwickeln. So hat die ruandische Regierung der lokalen Impfstoffproduktion unlängst eine hohe Priorität eingeräumt, insbesondere in Anbetracht der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Die Schaffung nationaler Kapazitäten zur Herstellung von Impfstoffen und anderen pharmazeutischen Produkten würde die Gesundheitsversorgung im Land entscheidend verbessern und die Abhängigkeit sowohl von Importen als auch internationalen Gebern vermindern.

Ausbau von Forschungskapazitäten und Weiterbildungsmöglichkeiten

Im Mittelpunkt der Initiative der ruandischen Regierung stehen dabei der Ausbau von Forschungskapazitäten im Bereich der Biotechnologie und die Schaffung von Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für die Sicherung des Fachkräftebedarfs. So sollen Kapazitäten für der Herstellung von Impfstoffen und anderen pharmazeutischen Produkten ausgebaut werden: Zum einen durch die Errichtung neuer Produktionsanlagen in Ruanda und zum anderen durch die Weiterqualifizierung des Fachpersonals, um internationale Qualitätsstandards sicherzustellen.

Biotechnologiestandort Ruanda

Die Strategie beinhaltet zudem die Erschließung von regionalen Märkten, um die Produktion von Pharmazeutika zu fördern und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu unterstützen. Ruanda soll sich so zu einer regionalen Drehscheibe für die Herstellung und den Export von Impfstoffen entwickeln. Finanzielle Erlöse aus der Impfstoffproduktion können zur Förderung der biotechnologisch-pharmazeutischen Industrie genutzt werden und dessen Wachstum nachhaltig fördern. Auf der Basis einer modernen biotechnologischen Infrastruktur werden zudem Anreize für private Investoren geschaffen und Partnerschaften mit internationalen Pharmaunternehmen geschlossen werden. Dies bringt einen Zugang zu modernen Technologien, zu Fachwissen und schließlich die Weiterentwicklung des Biotechnologiestandorts Ruanda mit sich.

Qualifizierte Fachkräfte für Wirtschaftswachstum Ruandas

Ein wichtiger Schwerpunkt der Regierung liegt auf der Förderung von Aus- und Fortbildung im biotechnologisch-pharmazeutischen Sektor. Ziel ist es, insbesondere junge Menschen in den Bereichen Wissenschaft, Technologie und Ingenieurwesen zu fördern und ihnen die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse mit Hilfe von qualifizierenden Weiterbildungsmöglichkeiten zu vermitteln. Die Regierung hat erkannt, dass qualifizierte Fachkräfte von entscheidender Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes sind und startet daher Initiativen zur Ausweitung und Verbesserung des formalen und non-formalen Bildungssektors. So sollen orts- und zeitunabhängige Weiterbildungsmöglichkeiten im Rahmen von Blended-Learning-Bildungsformaten gefördert und bestehende, bereits in anderen Ländern akkreditierte Programme, in Ruanda angeboten werden.

Projekt BioMex

Das „Zertifikatsprogramm für fortgeschrittene biomedizinische Expertise BioMex“ wird durch die Sonderinitiative „Gute Beschäftigung für sozial gerechten Wandel“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert und von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH in Kooperation mit der Hochschule Koblenz und dem zfh umgesetzt.

Das Programm bietet Fachkräften die Möglichkeit einer individuellen Profilbildung auf der Grundlage von bedarfsgerechten, flexibel gestalteten Weiterbildungsangeboten. Studierende und bereits tätige Fachkräfte können aus verschiedenen Modulen aus dem Bereich Biotechnologie und Pharmazie, Gebäude- und Energiemanagement sowie aus den Bereichen Management und interkulturelle Zusammenarbeit wählen. Diese Kurse sind Bestandteil akkreditierter Studiengänge, deutscher und italienischer Hochschulen und individuell flexibel belegbar. Ebenso ist es innerhalb des Zertifikatsprogramms bei Bedarf jederzeit möglich, neue Module aus dem Portfolio der Hochschulen zu implementieren. Die Hochschule Koblenz in Rheinland-Pfalz ist dabei federführende und anbietende Hochschule.

Flexible, bedarfsorientierte Studieninhalte

Im Mittelpunkt des Kursangebots stehen derzeit Lehrinhalte aus dem Bereich Molekularbiologie, Immunologie und Pharmazeutische Produktion sowie Management. Die Lehrinhalte sind zum einen auf die beruflichen oder persönlichen Ziele von Studierenden abgestimmt, zum anderen sollen sie den Bedarfen von Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen entsprechen. Durch die Auswahl von individuellen Bildungsinhalten können so jene Kenntnisse und Fähigkeiten gezielt erweitert werden, die für einen zügigen und zielorientierten Ausbau des Biotechnologiesektors in Ruanda nötig sind. Das geplante Aus- und Weiterbildungsprogramm greift daher die länder- und sektorspezifischen Herausforderungen auf und stellt eine schnell verfügbare Lösung dar, die benötigten Fachkräfte flexibel für den sich kontinuierlich entwickelnden pharmazeutischen und biotechnologischen Sektor aus- und weiterzubilden. Das Zertifikatsprogramm richtet sich primär an Studierende und Personen mit Vorbildung aus dem Bereich der Naturwissenschaften aus Ruanda und Deutschland gleichermaßen und kann berufsbegleitend absolviert werden. Es versteht sich dabei als Austausch- und Multiplikatorenprogramm zwischen ruandischen und deutschen Ausbildungsstätten.

In der Zeit vom 22.10.23 bis 28.10.23 organisierte die GIZ eine Delegationsreise, um die beiden Ausbildungsstätten stärker miteinander zu vernetzen. Prof. Dr. Maik Lehmann (TH Bingen) als designierter Leiter des Zertifikatsprogramms und Mark Bludau, Geschäftsführer des Zentrums für Fernstudien im Hochschulverbund (zfh) nahmen die Reise wahr.

Bildungsministerium

Die erste Station der Reise, das Bildungsministerium Ruandas, plant den Aufbau des African Biomedical Institut (ABI), an dem das Zertifikatsprogramm angesiedelt werden soll. Ein Aspekt des Meetings war der Austausch zum Aufbau und zur organisatorischen Struktur des ABI. Das zfh als Vernetzer von hochschulischen Strukturen ist ähnlich organisiert, wie das geplante ABI. Das zfh ist eine wissenschaftliche Einrichtung des Landes Rheinland-Pfalz mit Sitz in Koblenz und unterstützt deutschlandweit 21 staatliche Hochschulen im zfh-Verbund bei der Entwicklung, Organisation und Durchführung berufsbegleitender Fernstudienangebote. Derzeit bieten die Hochschulen im zfh-Verbund über 100 akademische Weiterbildungen an. Die Abschlüsse reichen vom Modul über Zertifikate bis hin zum Bachelor und Master.

Claudette Irere, Staatsministerin für Bildung Ruandas, zeigte sich sehr interessiert an dem geplanten Programm. In dem gemeinsamen Austausch wurde deutlich, dass alle Beteiligten daran interessiert sind,  das Zertifikatsprogramm möglichst ohne Verzögerungen zu starten und die den ersten Teilnehmenden in Ruanda im Optimalfall beriets im März 2024 einen Beginn  ihrer Weiterbildung zu ermöglichen. Die Ministerin kann sich gut vorstellen, sich an der Fachkommission des Studienprogramms zu beteiligen, um das Projekt auch persönlich zu begleiten.

INES Hochschule Ruhengeri

Der Besuch der University of Applied Sciences INES in Ruhengeri im Nordwesten von Ruanda, war ein weiteres Ziel der Delegationsreise. Hier ging es um die gemeinschaftliche Nutzung von Laborarbeitsplätzen, die im Rahmen des geplanten Zertifikatsstudiums im Blended-Learning Konzept für Präsenzveranstaltungen benötigt würden. Die Laborkapazitäten der Hochschule sind auf einem sehr guten Niveau und die INES ist damit ein idealer Partner für das internationale Zertifikatsprogramm.

Die INES Hochschule Ruhengeri hat unter anderem eine spezifische Ausrichtung auf Biotechnologie und Biomedizin. Sie bietet aktuelle Studienprogramme, modern ausgestattete Labore und eine enge Verbindung zur Industrie und internationalen Partnerhochschulen, um die nächste Generation von Fachleuten in diesen Schlüsselbereichen auszubilden. Die Hochschule spielt eine wichtige Rolle bei der Förderung von Bildung und Forschung im Norden von Ruanda und trägt dazu bei, die Gesundheitsversorgung und die biotechnologische Industrie in Ruanda voranzubringen.

Hervorzuheben ist auch eine Kooperation der INES mit der Universität Parma, die mit Professor Dr. Gabriele Constantino über Kapazitäten im Bereich der Pharmazie verfügt, deren Expertise sich auch auf das geplante Programm positiv auswirken wird. Die Hochschule steht den innovativen Lehrmethoden des Zertifikatsprogramms offen gegenüber. Eine Zusammenarbeit bereitet die Studierenden bestmöglich auf die Herausforderungen in den Bereichen Biotechnologie und Biomedizin vor.

Gemeinsam mit dem Präsidenten der INES (Vice Chancellor) sowie einem der Gründer der INES (Gaspard Ndagijimana „Chair of Institutional and Development Commission”) und den Dekanen der thematisch befassten Fachbereiche, kam man zu der Einschätzung, dass eine relevante Anzahl Studierender der INES sich für das Programm bewerben würden.

Weiterbildungsinstitut der Universität Ruanda

Die Universität Ruanda ist nicht zuletzt auch auf Wunsch der Staatsministerin für Bildung Claudette Irere ein wichtiger Partner für das geplante Zertifikatsprogramm. Hier ist das EAC Regional Centre of Excellence for Vaccines, Immunisation and Health Supply Chain Management angesiedelt, dessen Direktor, Dr. Stephen Karengera (MD) innerhalb der Universität Ruanda den Bereich der Weiterbildung betreut.

Neben der aktuellen Projektidee hat sich aus dem Besuch bei Dr. Karengera der Ansatz entwickelt, hier in einer weiteren Ausbaustufe in einen direkten Studierendenaustausch zwischen der Universität Ruanda und Medizinunternehmen in Rheinland-Pfalz zu treten. Die Finanzierung eines solchen Austausches ist bereits gesichert, sodass das Projektteam als Mittler für die bislang fehlenden Kontakte zu den Praxisstellen agieren könnte.

Aus Sicht von Dr. Karengera ist der Projektansatz sehr vielversprechend für Studierende der Universität Ruanda, da, diese nach ihrem Bachelor-Abschluss verstärkt auf Zertifikatsangebote zurückgreifen und nicht direkt den Weg zum Masterstudium wählen.

BioNTech

Ein wichtiger Akteur in dem Programm ist die Firma BioNTech. BioNTech investiert aktuell erheblich in Ruanda. Das Thema Recruiting spielt daher naturgemäß in der nächsten Zeit eine wichtige Rolle in der Planung des Unternehmens. Die zuständigen HR Mitarbeitenden Gisele Uwase und Julien Lemal, berichten, dass gerade das Thema GMP (Good Manufactoring Practice) diskutiert wird. Das geplante Zertifikatsprojekt könnte dann künftige Qualifizierungsbedarfe in den Bereichen Logistik, Maintenance und Biomedical Skills abdecken. Der Standort Ruanda wäre damit nicht nur für BioNTech sondern auch für weitere Pharmaunternehmen interessant.

Partnerschaftsverein Rheinland-Pfalz/Ruanda e.V.

DerPartnerschaftsverein Rheinland-Pfalz/Ruanda e.V ist eine außergewöhnliche Einrichtung, dessen erfolgreiche Zusammenarbeit als Länderpartnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda bereits seit 40 Jahren besteht. Neben anderen Schwerpunkten ist insbesondere die Bildungskooperation zwischen Rheinland-Pfalz und Ruanda, geprägt von einem starken Engagement beider Partner, die Bildung als Schlüssel zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung ansehen. Diese Partnerschaft hat zahlreiche positive Auswirkungen auf das Bildungssystem in Ruanda. Neben dem gegenseitigen Austausch von Lehrkräften und Bildungsexperten unterstützt der Verein den Ausbau der Infrastruktur in Ruanda und fördert den Austausch von Studierenden und Hochschulprofessoren beider Regionen. So haben beispielsweise ruandische Studierende die Möglichkeit, in Rheinland-Pfalz von der Hochschulbildung in Deutschland zu profitieren.

Das Treffen mit der Leitung des Partnerschaftsvereins diente dem gegenseitigen Austausch über das Projekt BioMex. Der Partnerschaftsverein mit zahlreichen Netzwerken in Ruanda ist ein wichtiger Multiplikator zur Bekanntmachung des Projekts in die verschiedenen „Communities“.

Universität Ruanda

Die Universität Ruanda, die größte Hochschule des Landes, baut derzeit den Bereich der Biotechnologie und Biomedizin aus und bietet somit vielversprechende Voraussetzungen für die Aus- und Fortbildung von Fachkräften für den Sektor in Ruanda. Das gemeinsame Treffen mit der Hochschulleitung und den Abteilungsleitungen der thematisch betroffenen Fachbereiche zeigte schnell, dass die Hochschule von einer hohen Nachfrage nach dem geplanten Zertifikatsprogramm ausgeht. Die Kompetenzen der Universität Ruanda im Bereich der Biotechnologie und Biomedizin basieren auf dem hochqualifizierten und hochmotivierten Lehrpersonal. Die Expertise in verschiedenen Aspekten der Biotechnologie und Biomedizin lässt sich optimal mit den Projektansätzen kombinieren. Im nächsten Schritt sollen Schnittstellen zwischen dem bestehenden Studienangebot der Universität und den geplanten BioMex-Zertifikaten eruiert und geplant werden, um hier eine größtmögliche Effizienz zu erreichen.

Bestehende Kooperationen der Universität Ruanda werden in der Zukunft moderne Laboratorien und Einrichtungen bieten, die auf die Bedürfnisse der Biotechnologie und Biomedizin zugeschnitten sind. Diese erstklassige Infrastruktur ermöglicht es den Studierenden aber auch den Teilnehmenden des Zertifikatsprogramms, praktische Erfahrungen zu sammeln und ihre online trainierten Fähigkeiten in realen Umgebungen zu testen. Damit qualifiziert auch das Zertifikatsprogramm entscheidend für eine Karriere in der biomedizinischen Forschung und Industrie.

Durch die Zusammenarbeit mit der Universität würde das Projekt BioMex vom Netzwerk zu weiteren nationalen und internationalen Einrichtungen profitieren und den Zertifikatsstudierenden im Optimalfall erste Einblicke in Forschungsprojekte ermöglichen. Des Weiteren arbeitet die Universität eng mit dem Bildungsministerium und Unternehmen zusammen, so dass eine Ausbildung auf dem neuesten Stand der Technik sichergestellt ist. Nach dem Meeting wurde deutlich, dass die Universität Ruanda in den Bereichen Biotechnologie und Biomedizin über ein großes Potenzial verfügt. Die qualifizierten Lehrkräfte, die geplanten Laboreinrichtungen, Forschungsaktivitäten und die enge Zusammenarbeit mit anderen Institutionen machen sie zu einer wichtigen Bildungseinrichtung in diesem Bereich und damit zu einem optimalen Partner für das Projekt BioMex.

R.Faller (GIZ) schaut ins Mikroskop - Dame steht neben ihm im Labor der INES

Im Labor der INES, Ruanda - Foto: M.Bludau

Foto aus dem Labor der INES Hochschule in Ruanda

Labor der INES - Foto: M.Bludau

Gruppenfoto im Bildungsministerium Ruanda - Projekt BioMex

Zu Gast im Bildungsministerium Ruanda: Ruben Faller (GIZ), Marc Bludau (zfh), Claudette Irere (Minister of State for Education), Prof. Dr. MJ Lehmann (TH Bingen), Ralf Elben (GIZ) (v.l.n.r.)

Gebäude der INES Ruanda, außen mit Studierenden auf den Balkonen

Projekt BioMex - Campus der INES - Foto: M.Bludau

Gruppen Foto mit vier Herren - Universität Ruanda

Projekt BioMex an der Universität Ruanda: M. Bludau (zfh), Dr. Stephen Karengera (Director), Prof. Dr. MJ Lehmann (TH Bingen), Ruben Faller (GIZ) (v.l.n.r.)

Zwei Herren und zwei Damen vor einem Display des Partnerschaftsverein RLP-Ruanda

Projekt BioMex, Besuch des Partnerschaftsvereins RLP-Ruanda e.V.: M. Bludau (zfh), Frau Dr. Hanna Schühle (Director), Frau Christine Berthold (Partnerschaftsverein), Prof. Dr. MJ Lehmann (TH Bingen) (v.l.n.r)

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